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Veröffentlicht am 28­.11.2010

28.11.2010 - Der Tag - liborius.de

Rückschlag für den Dialog: Das Schweigen der Hirten

Die Bischöfe hatten im gerade begonnenen Dialogprozess hohes Tempo vorgelegt und für den Advent einen Hirtenbrief an die Gemeinden angekündigt. Dieser Brief wird nun verschoben. Das ist eine große Enttäuschung für alle Gläubigen.

Oft, wenn die Hoffnung besonders groß ist, wenn man denkt, dass sich ein rostiges Rädchen endlich dreht, führt ein Satz plötzlich zu tiefer Enttäuschung. In diesem Fall sind es genau 27 Wörter: „Der Ständige Rat der Bischofskonferenz hat in Würzburg beschlossen, den für den Advent geplanten Brief der deutschen Bischöfe an die Gemeinden auf das kommende Jahr zu verschieben.“ Der Dialogprozess in der deutschen katholischen Kirche, der von den Bischöfen ins Leben gerufen und befeuert wurde, der einen so hoffnungsvollen Anfang nahm und der dazu dienen soll, Vertrauen bei sehr vielen wütenden und enttäuschten Gläubigen zurückzugewinnen – er wird von den Bischöfen nun selbst verzögert. Die Entscheidung, den Hirtenbrief zu verschieben, ist kein gutes Signal an die Katholiken in Deutschland.

Erst Mitte November schrieben wir im Liborius Magazin über den Dialogprozess (LiMa 24/2010), dass eine neue Art kirchlicher Kommunikation nötig sein werde: „Neu meint offen, transparent und regelmäßig. Die Menschen, deren Vertrauen die Kirche wiedergewinnen will, müssen erfahren und verstehen, welche Wege der Dialog nimmt. Deshalb ist der Hirtenbrief der Bischöfe, der in wenigen Wochen erwartet wird, auch so wichtig. Er ist die unmittelbarste Form der Kommunikation zwischen Bischöfen und ihren Gemeinden.“

Die Kirche, die einen Schritt hin auf ihre Gläubigen machen wollte, macht einen Rückzieher

Diese Kommunikation verzögern die Bischöfe also zum jetzigen Zeitpunkt. Das fügt dem Dialogprozess, der noch nicht einmal richtig begonnen hat, Schaden zu. Die Kirche, die einen Schritt hin auf ihre Gläubigen machen wollte, macht nun erst einmal einen Rückzieher. Das verfestigt den Eindruck von kirchlichen Autoritäten, den man schon immer hatte.

Dabei ist die Verschiebung verständlich: Die Bischofskonferenz kann Beschlüsse nur einmütig fassen. Kaum vorstellbar, dass sich die deutschen Oberhirten plötzlich bei einem so umfangreichen Themenkomplex, wie sie der Dialog vorsieht, plötzlich binnen weniger Wochen einig wären. Das aber wissen die Gläubigen nicht. Jeder hätte verstanden, wenn es die Strategie gewesen wäre, dass sich die Bischöfe zunächst beraten, und am Ende, wenn Ergebnisse vorliegen, ein Hirtenbrief verfasst wird. Den so überaus wichtigen Hirtenbrief aber zuerst vollmundig anzukündigen, um ihn dann zurückzuziehen, das ist ein Zeichen einer völlig missglückten Kommunikation.

A propos Kommunikation. Matthias Kopp ist der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz. Ihn traf die undankbare Aufgabe, die Verzögerung des Hirtenbriefs zu begründen. Er tat das mit folgenden Worten: „Die Bischöfe möchten im Lichte des begonnenen Dialogprozesses verschiedene Konkretionen in den Gemeindebrief einfließen lassen.“

Bischöfe kommunizieren immer noch so, dass man sie nicht versteht

Allein die Wortwahl zeigt, wie weit weg die Gesamtheit der Bischöfe von ihren Gläubigen ist. Die Begründung führt die Worte der Bischöfe Zollitsch, Bode, Feige, Lehmann, Sterzinsky ad absurdum, die in ihren Äußerungen während und nach der Herbstvollversammlung schon überraschend und erfreulich konkret gewesen sind. Und sie offenbart, dass die Bischöfe insgesamt unvorbereitet in den Dialogprozess gestartet sind und noch immer so kommunizieren, dass man sie nicht versteht.

Die Bedeutung des Dialogs wird immer wichtiger. Denn viele Gläubige, denen die Kirche noch am Herzen liegt, haben zunehmend Probleme mit diesem Dilemma: Sie leben inmitten einer Gesellschaft, die von Religiosität weit entfernt ist, und sollen Bischöfen vertrauen, die von ihnen weit entfernt sind. Die Enttäuschung ist ja auch deshalb so groß, weil man auf der einen Seite genau weiß, dass Einigkeit unter den Bischöfen Voraussetzung für den Dialog ist. Andererseits will man gar nicht so genau wissen, wie eine solche Einigkeit dann genau aussieht. Mutige Überlegungen werden wohl nicht auf der Agenda stehen, wenn 27 Ortsbischöfe sich mit einem gemeinsam verabschiedeten Hirtenbrief den Gläubigen zuwenden wollen.

„Wir werden in den kommenden Monaten an der inhaltlichen Ausgestaltung arbeiten“, sagte Kopp weiter im Namen der Bischöfe. Mit Dialog hat das nicht so wirklich viel zu tun.

André Lorenz

http://www.liborius.de/aktuell/ueberblick/rueckschlag-fuer-den-dialog.html

Zuletzt geändert am 08­.12.2010