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Veröffentlicht am 11­.01.2014

Bischof Jacques Gaillot

Wir sind Kirche unterstützt Bitte an Papst Franziskus um Rehabilitierung

Pressemitteilung München, 11. Januar 2014

Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche begrüßt und unterstützt die Initiative des Schweinfurter Pfarrers Roland Breitenbach, der in einem persönlichen Brief an Papst Franziskus darum gebeten hat, die am 12. Januar 1995 gegenüber Bischof Jacques Gaillot ausgesprochene Suspendierung als Bischof von Évreux/Frankreich aufzuheben.

In dem am Dreikönigstag nach Rom geschickten Brief bittet Pfarrer Breitenbach den Papst um eine volle Rehabilitation. Breitenbach sieht in den Anregungen, Folgerungen und Forderungen von Franziskus in Wort und Tat das, was Bischof Jacques Gaillot vor über 30 Jahren mit großem Freimut verkündet und von seiner Kirche erwartet hat. Deswegen aber sei Gaillot 1995 von Papst Johannes Paul II. aus dem Amt gedrängt worden. Breitenbach wird den Brief am Sonntag beim Gottesdienst der Gemeinde vorlesen – genau am Tag der Amtsenthebung von Gaillot am 12. Januar 1995.


Liste aller Personen, die direkt oder indirekt, von der Glaubenskongregation unter Joseph Ratzinger in irgendeiner Weise untersucht, diszipliniert oder exkommuniziert worden sind
(Zusammenstellung durch „Catholic for Choice“, 2006)
> PDF (8 Seiten)

John L. Allen Jr.: SPECIAL REPORT: THEOLOGY CENSURE
mit einer Liste der »Zielscheiben« (targets) von »28 Jahren päpstlicher Disziplinierung« unter Johannes Paul II., die zwar »keine vollständige, aber eine substantielle Repräsentation« der Bestraften zu sein beansprucht
> National Catholic Reporter, 28. September 2007


Hintergrund:
siehe auch Wir sind Kirche-Pressemitteilung zum 75. Geburtstag von Bischof Jacques Gaillot (11. Sept. 2010)

Jacques Jean Edmond Georges Gaillot wurde am 11. September 1935 in Saint-Dizier (Haute-Marne) geboren, absolvierte eine klassische Ausbildung und studierte in Langres und Rom. Als Seminarist nahm er 1957 bis 1959 während des Algerienkrieges 18 Monate am Militärdienst teil. Dort erlebte er die Tragödie des Krieges und beschloss, sich für den Weg der Gewaltlosigkeit einzusetzen. 1961 wurde er zum Priester geweiht.

Bald nach seiner Ernennung zum Bischof von Évreux im Jahre 1982 war Jacques Gaillot durch seine eindeutigen Stellungnahmen bekannt geworden: zu Atomwaffen, zur Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen, zum Golfkrieg, zur Todesstrafe, zu Aids, zur Solidarität mit dem palästinensischen Volk und zur Apartheid in Südafrika. Gaillot plädierte schon damals für eine Kirche, die näher bei den Menschen ist und die Herausforderungen der modernen Zeit wahrnimmt und erfüllt.

Am 12. Januar 1995 wurde Gaillot – vermutlich nach direkter Intervention der französischen Regierung – von Papst Johannes Paul II. mitgeteilt, dass er ab 13. Januar 1995, 12 Uhr mittags nicht mehr Bischof von Évreux sei. Stattdessen wurde er zum Titularbischof von Partenia ernannt, einer seit dem 5. Jahrhundert im Wüstensand Algerien versunkenen Diözese – etwa dort, wo er als junger Mann seinen Militärdienst geleistet hatte. Ausschlaggebend für das Vorgehen des Vatikans waren nicht Fragen der kirchlichen Lehre, wie Kardinal Meisner 2004 in diffamierender Weise verbreitete, sondern Gaillots Einsatz für die am Rande der Gesellschaft Stehenden, vor allem Proteste und Aktionen gegen die restriktiven Einwanderungsgesetze des damaligen französischen Innenministers Charles Pasqua.

Die überraschende Absetzung als Bischof von Évreux und „Versetzung“ nach Partenia löste große Entrüstung bei Christen und Nichtchristen in vielen Ländern aus. An zahlreichen Orten fanden Protestversammlungen und Unterschriftssammlungen statt. Da die ehemalige Diözese Partenia nicht mehr existiert, ist der Name zum Symbol all derer geworden, die in der Gesellschaft und in der Kirche unterdrückt werden und am Rande stehen. Seit Januar 1996 ist das Bistum Partenia auch im Internet präsent (www.partenia.org). Damit und durch viele Reisen ist Gaillot seitdem Bischof einer virtuellen Diözese, die vielen Menschen auf der ganzen Welt eine spirituelle Heimat gibt.

Häufig ist Gaillot auch in Deutschland unterwegs. Auf Initiative von Wir sind Kirche wurde er 1998 zum Mainzer Katholikentag und 2003 zum Ökumenischen Kirchentag in Berlin offiziell eingeladen. 2004 nahm er am Katholikentag in Ulm teil. Einen Eklat gab es, als Kardinal Meisner den Auftritt von Bischof Gaillot am 28. Oktober 2004 in der Bonner Beethovenhalle sowie andere Vorträge im Kölner Erzbistum verhinderte. Denn Bischof Gaillot gehört nach wie vor – auch wenn er sein Amt auf andere Art ausübt – zur Gemeinschaft der französischen Bischöfe. Im Mai 2012 konnte er auf Einladung der Kölner Karl-Rahner-Akademie – diesmal in einem nichtkirchlichen Raum – ein großes Publikum erreichen.

Zahlreiche Bücher von Gaillot sind im Herder-Verlag und in der Edition K. Haller erschienen. Pfarrer Roland Breitenbach ist Bischof Gaillot seit Langem in Freundschaft verbunden. Dem Brief an Papst Franziskus legte Breitenbach das Buch über den französischen Bischof bei, das er aus Anlass des 75. Geburtstages von Gaillot im Jahr 2010 im Reimund-Maier-Verlag Schweinfurt herausgegeben hat. Titel: „Die Freiheit wird euch wahr machen.“

Kontakt:

Wir sind Kirche-Bundesteam:
Christian Weisner, Tel: 0172-5184082, presse@wir-sind-kirche.de
Sigrid Grabmeier, Tel: 0170-8626 290, grabmeier@wir-sind-kirche.de
Magnus Lux, Tel: 0176-41266392, Famlux@t-online.de

Pfarrer i.R. Roland Breitenbach:
Tel: 09721-78 31-0, rb@stmichael.de
Homepage der Gemeinde St. Michael, Schweinfurt: www.stmichael.de

Zuletzt geändert am 13­.01.2014