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Veröffentlicht am 28­.01.2013

Wir sind Kirche-München

"Wagen Sie mehr Dialog, Vertrauen und Freiheit, Herr Kardinal!"

Pressemitteilung München, 28. Januar 2013

Offener Brief an Kardinal Marx zum 5. Jahrestag der Amtseinführung in München (2. Februar 2013)

> Wortlauf des Offenen Briefes (PDF 3 Seiten)

Unter der Überschrift "Wagen Sie mehr Dialog, Vertrauen und Freiheit, Herr Kardinal!" hat sich die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche im Erzbistum München und Freising mit einem Offenen Brief an Kardinal Marx gewandt, der am 2. Februar vor fünf Jahren in sein Amt als Münchner Erzbischof eingeführt wurde.

Mit radikalen Veränderungsprozessen habe Marx in kürzester Zeit vieles angestoßen, aber auch erhebliche Unruhe in das Erzbistum gebracht. Die umfassenden Personalveränderungen ("Personalkarussell") seien Ausdruck der dramatischen Notlage der Kirche jetzt auch im katholischen Bayern. Schon heute können 80 pastorale Stellen im Erzbistum nicht besetzt werden. Die immer größer werdenden Pfarrverbände stellen angesichts der Zahl der verfügbaren Priester eine perspektivlose Notlösung dar.

Durch das frühzeitig einberufene Zukunftsforum "Dem Glauben Zukunft geben" konnte eine große Protestwelle gegen die Umstrukturierungen der Pfarreien verhindert werden. Doch die anfänglichen großen Erwartungen an dieses Zukunftsforum seien mittlerweile in Enttäuschung und Resignation umgeschlagen. Denn Kardinal Marx hat, wie er selbst zugeben musste, sein Versprechen nicht gehalten, bis zum Pfingstfest 2011 dazu Stellung zu nehmen. Erst Ende Februar 2012 wurden die 61 Ergebnispunkte des Zukunftsforums zusammen mit den "Kommentierungen" des Kardinals veröffentlicht, die viele als enttäuschend empfinden.

Selbst bei den drei Themen geschiedene Wiederverheiratete, pastorales Konzept für die Pfarrverbände und Ehrenamtsakademie, denen Marx sich zunächst zuwenden wollte, sei eine konkrete Umsetzung noch nicht zu erkennen. Dies sei auch kein gutes Omen für den bundesweiten Gesprächsprozess, zu dessen Steuerungsgruppe Kardinal Marx gehört. Denn nur über die "heißen Eisen" zu reden reiche nicht aus, jetzt sei konstruktives Handeln gefragt, heißt es in dem dreiseitigen Offenen Brief. Wie die internationalen Pfarrer-Initiativen sollten sich jetzt auch die Bischöfe vernetzen und den "Reformstau" gegenüber Papst Benedikt und im Vatikan deutlich zur Sprache bringen.

Bei der Ordinariatsreform wird, trotz der Besetzung von drei der sieben Ressorts mit Frauen die Gefahr einer weiteren Hierarchisierung gesehen. Gleiches gelte für das derzeit im Bau befindliche große Dienstleistungs- und Kompetenzzentrum des Ordinariats mitten in München.

Wenn es gegenüber dem neugegründeten "Münchner Kreis" kircheninterne Repressionen gebe, so sei dies kein guter Ausgangspunkt für ein produktives Miteinander innerhalb der Diözese. Die starke Präsenz auf nationaler und internationaler Ebene sieht Wir sind Kirche als Belastung für das Erzbistum München und Freising, für das Kardinal Marx zuallererst verantwortlich und als Hirte berufen sei. Seine sozialpolitischen Positionen seien eher eine "Katholische Soziallehre light", die es sich weder mit der Wirtschaft noch mit dem Staat verderben will.

Wir sind Kirche anerkennt den energischen Einsatz von Kardinal Marx um die Aufdeckung sexualisierter Gewalt seit dem "annus horribilis" 2010. Doch sein energisches, manchmal (Kloster Ettal) zu energisches Bemühen scheint nicht immer mit dem Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz, dem Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann, abgestimmt zu sein. Die auf Betreiben des Münchner Erzbistums erfolgte Aufkündigung des kriminologischen Forschungsvorhabens von Prof. Pfeiffer Anfang dieses Jahres brachte einen verheerenden Rückschlag für die Glaubwürdigkeit und den Aufklärungswillen der gesamten katholischen Kirche.

Angesichts der vor wenigen Tagen veröffentlichten "Sinus-Milieu-Studie 2013" sollte sich Kardinal Marx der enormen Tragweite der gegenwärtigen Entwicklung und seiner persönlichen Verantwortung dafür bewusst sein. Sein Wahlspruch als Bischof "Wo der Geist des Herrn wirkt, da ist Freiheit" (2 Kor 3,17) bedeute im Umkehrschluss, dass überall dort, wo die Freiheit des Glaubens, Denkens und Redens in der Kirche diskriminiert oder blockiert wird, der Geist des Herrn noch nicht angekommen ist. Deshalb der dringende Appell an den Münchner Kardinal zum fünften Jahrestag seiner Amtseinführung in München: "Wagen Sie mehr Dialog, Vertrauen und Freiheit, Herr Kardinal!"

Wortlauf des Offenen Briefes der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche im Erzbistum München und Freising
PDF (3 Seiten)

Pressekontakt: Christian Weisner
Tel. 0172-518 40 82
E-mail: presse@wir-sind-kirche.de
Homepage: www.wir-sind-kirche.de/?id=507

Zuletzt geändert am 28­.01.2013