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Veröffentlicht am 30­.11.2005

„Homosexualität und Weiheamt”

Wir sind Kirche: Erschreckende Ignoranz und Hilflosigkeit im Umgang mit Fragen der Sexualität - Zur vatikanischen Instruktion „Homosexualität und Weiheamt”

Als sehr enttäuschend nicht nur für die direkt betroffenen Menschen wertet die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche , dass eines der ersten vom neuen Papst approbierten Dokumente eine Ausgrenzung homosexueller Männer vom Priesteramt vornimmt und die Erkenntnisse der Human-, Geschichts- und Sozialwissenschaften ignoriert.

Auch wenn die schon lange erwartete und jetzt offiziell in Rom veröffentlichte Instruktion „Homosexualität und Weiheamt“ die Priesterweihe homosexueller Männer nicht grundsätzlich ausschließt, so ist die Bezeichnung „tiefsitzender homosexueller Tendenzen“ als „objektiv ungeordnet“ wissenschaftlich falsch und eine eindeutige Diskriminierung aller homosexueller Menschen.

„Diese Instruktion macht wieder einmal in erschreckender Weise die Ignoranz und Hilflosigkeit der römisch-katholischen Kirche im Umgang mit den Fragen der Sexualität deutlich“, erklärt Christian Weisner vom Bundesteam der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche. „Scheinheilig ist es, wenn die Instruktion von homosexuellen Tendenzen als Übergangsproblemen ,im Falle eines noch nicht abgeschlossenen Erwachsenenwerdens' spricht, da doch gerade die rigide kirchliche Sexualethik eine positive Integration der Sexualität in die Persönlichkeit mehr erschwert als fördert.“

Das entscheidende Manko dieser Instruktion liegt darin, dass die „affektive Reife“ vor allem an der sexuellen Orientierung festgemacht und dabei besonders auf die Homosexualität fokussiert wird. Die Frage stellt sich, warum der Vatikan gerade die Gruppe homosexueller Menschen herausgegriffen hat. Wenn es darum geht zu verhindern, dass Männer, die in ihrer sexuellen Entwicklung – ganz gleich ob hetero- oder homosexuell – unreif sind, ins Priesteramt streben, ist ganz grundsätzlich in der Ausbildung die psychosexuelle Auseinandersetzung der Anwärter zu unterstützen. Ob dazu die dreijährige Keuschheitspflicht das einzige geeignete Mittel ist, stellt sich als sehr fragwürdig dar.

Wenn die neue Instruktion als Reaktion auf die internationalen Pädophilie- und Ephebophilie-Skandale gedacht sein sollte, so zeugt auch dies vom Unwissen des Vatikans über die Erkenntnisse der Humanwissenschaften. Denn die sexuelle Gewalt von Priestern und Ordensleuten an Kindern und Jugendlichen ist deutlich von homosexueller Persönlichkeit und Aktivität zu unterscheiden.

Wir sind Kirche bedauert es sehr, dass der Vatikan – wie schon 2004 im Schreiben „Über die Zusammenarbeit von Mann und Frau in der Kirche und in der Welt“ – wieder eine Chance vertan hat, auf der Basis vorliegender wissenschaftlicher und theologischer Erkenntnisse neue Zugänge zu einer Jahrhunderte währenden Problematik zu suchen und damit endlich eine wirklich heilbringende Botschaft in die Welt zu entsenden. Die positive Bewertung der Sexualität als wichtiger Teil des von Gott geschaffenen und bejahten Menschen ist eine der fünf Forderungen des KirchenVolksBegehrens, das allein im deutschsprachigen Raum von mehr als 2,5 Millionen Frauen und Männern unterschrieben worden ist und das die Grundlage der mittlerweile weltweiten KirchenVolksBewegung bildet.

Zuletzt geändert am 10­.05.2006