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Veröffentlicht am 29­.12.2011

31. Dezember: Heinrich Fries vor 100 Jahren geboren

Heinrich Fries, am 31. Dezember 1911 in Mannheim geboren, war einer der engagiertesten römisch-katholischen Theologen der Ökumenischen Bewegung. Er war Professor für Fundamentaltheologie und ökumenische Theologie an der Universität München und setzte sich als Theologe wie durch sein Mitwirken in der ökumenischen Una-Sancta-Bewegung für die Einheit der Christen ein. Er starb am 19. November 1998 in München.

Seine Gedanken aus dem Jahr 1986 sind von bleibender Aktualität.
    (...) Gibt es heute noch Grund zu ökumenischer Hoffnung, das heißt zur Hoffnung, daß das Bewußtsein vom Ärgernis der Spaltung der Christenheit nicht erlahmt oder gar erlischt und daß alle Energien wach und lebendig bleiben um, soweit es an Menschen liegt, die Trennung zu beendigen? Stehen die Zeichen der Zeit nicht einerseits auf einer ökumenischen Ungeduld, die sich ständig wund reibt, andererseits auf einer Verhaltensweise, für die das Thema Ökumene erledigt ist, die das postökumenische Zeitalter beginnen läßt? Dazwischen gibt es die ökumenische Resignation, die vom Stillstand der Ökumene spricht und sich damit abfindet, daß in der Ökumene keine weiteren Schritte getan werden, daß das "Noch nicht" zu einem Dauerzustand wird, der fast dogmatischen Rang annimmt. Daneben gibt es die Schar der Unverdrossenen, die oftmals wider alle Hoffnungen hoffen, die sich auch durch Rückschläge nicht entmutigen lassen, weil sie überzeugt sind, daß sie damit nicht nur die Zeichen der Zeit verstehen, sondern vor allem der Bitte und dem Vermächtnis Jesu treu bleiben, der will, daß alle, die an ihn glauben, eins seien wie er mit dem Vater. Ferner seien jene Tendenzen genannt, die alles ökumenisch bisher Erreichte in Frage stellen, davor ein Minuszeichen setzen und es als Symptomtherapie erklären, weil im Grundentscheid der Kirchen ein unüberbrückbarer Gegensatz bestehe, der bis zur Stunde noch nicht aufgearbeitet sei. Schließlich seien diejenigen genannt, die die Ökumene insgesamt für ein Unglück und für einen Fehler halten, weil sie die jeweils eigene Kirche verunsichere oder gar gefährde.

    Alle diese Stimmen und Stimmungen - mit Ausnahme der zuletzt genannten - werden überlagert von einem Ökumenismus der beschwörenden Worte, von Papst, Bischöfen und Leitern der Kirchen, wie er intensiver und engagierter kaum gedacht werden kann. Ebenso wächst die Zahl der ökumenischen Dialoge und ihrer Dokumentationen, zu Unrecht "Papierökumene" genannt, die einen unverkennbaren Zug zur immer größeren ökumenischen Verständigung und Annäherung erkennen lassen und dies nicht nur im allgemeinen, sondern im Einzelnen und Konkreten. Als letztes wichtiges Dokument, das demnächst erscheint, ist zu nennen: Die Aufarbeitung der gegenseitigen Verwerfungen im Konzil von Trient und in den reformatorischen Bekenntnisschriften. Ihr Ergebnis lautet: Die ehemaligen Verwerfungen treffen den Partner von heute zum größten Teil nicht mehr. Verbleibende Unterschiede müssen nicht kirchentrennend sein. Damit wird ein ganzer Berg von Schutt abgeräumt.

    So ist das Bild der Ökumene in dieser gegenwärtigen Stunde keineswegs einheitlich, es ist vielschichtig, uneinheitlich, manchmal konträr. Aber ich denke, es ist unsere Chance und unsere Verpflichtung, den Cantus firmus ökumenischer Hoffnung durch diese Ambivalenz durchzutragen und gegenüber den anderen Stimmen und Stimmungen bestimmend sein zu lassen. (...)
Heinrich Fries, Das Konzil: Grund ökumenischer Hoffnung, in: Franz Kardinal König (Hg.), Die bleibende Bedeutung des Zweiten Vatikanischen Konzils, Düsseldorf 1986, 107-108.


Aktuelle Lesetipps:

Heinrich Fries: Mut zur Ökumene: Erfahrungen - Hoffnungen - Visionen
Matthias-Grünewald-Verlag, 1. Auflage 18. Oktober 2011, 445 Seiten, ISBN-13: 978-3786729068, EUR 32,90

Münsteraner Forum für Theologie und Kirche (MFThK) zum 100. Geburtstag von Heinrich Fries mit einem aktuellen Artikel seines Schülers Peter Neuner
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Zuletzt geändert am 31­.12.2011