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Veröffentlicht am 11­.03.2014

11.3.2014

Gemischte Bilanz: Pfarrer-Initiative sieht trotz Reformsignalen des Papstes Gemeinden an der Kirchenbasis in Gefahr

Wien, 11.03.2014. Anlässlich des ersten Jahrestages von Papst Franziskus zieht die österreichische Pfarrer-Initiative eine gemischte Bilanz: Der Papst setze deutliche Zeichen für einen Reformaufbruch der Kirche, aber unter den Bischöfen herrsche Abwarten vor – mit fatalen Folgen für die Pfarrgemeinden.

“Franziskus nimmt Abschied vom bisherigen autoritär-unfehlbaren Papstideal und öffnet Türen für eine partnerschaftlich-universale Kirche. Dieser Kulturwandel zeigt sich in seinem Lebensstil, seinen Aussagen und seinen ersten Entscheidungen für eine Strukturreform und gegen den römischen Zentralismus“, fasst Peter Paul Kaspar, Rektor der Ursulinenkirche Linz und Vorstandsmitglied der Pfarrer-Initiative, ein Jahr Pontifikat Franziskus zusammen. Allerdings würden die entstandenen Freiräume von den Bischöfen nicht genutzt, kreative Vorstöße für die dringend notwendige Modernisierung der Kirche blieben aus.

Das zeigt sich vor allem in der brisanten Frage der Zukunft der Pfarrgemeinden. „Statt wegen des Pfarrermangels weiterhin einfallslos Pfarrgemeinden zu anonymen Großgebilden zusammenzulegen, muss die Kirche endlich das Priesteramt für verheiratete Männer und für Frauen öffnen und ‚Laien’ echte Verantwortung in der Gemeindeleitung übertragen. Andernfalls wird irreversibler Schaden an der weithin lebendigen Basisstruktur unserer Kirche angerichtet“, warnt der Sprecher der Pfarrer-Initiative, Helmut Schüller. Es stelle sich die Frage, wo, wenn nicht an der Basis, Kirche die vom Papst nachdrücklich eingeforderte ‚Nähe zu den Menschen’ praktizieren wolle und könne.

Dabei gibt es durchaus gangbare Alternativen zum Kahlschlag der Gemeinden. Arno Jungreithmair, Pfarrer im oberösterreichischen Kremsmünster und Vorstandsmitglied der Pfarrer-Initiative, lobt das Modell der Diözese Linz: „Wir Seelsorger wollen nahe bei den Menschen sein und das verlangt überschaubare Pfarren. In Oberösterreich werden keine Gemeinden aufgelöst, sondern an den örtlichen Gegebenheiten orientierte, neue Leitungsmodelle entwickelt. Warum sollte das nicht österreichweit möglich sein?“

Die Sorge um die Zukunft der Gemeinden treibt derweil nicht nur österreichische Reformbewegungen um. Mehr als 50 Kirchenreformgruppen aus einem Dutzend Staaten in Europa, Asien und Amerika haben kürzlich einen internationalen Brief an den Bischof von Rom geschickt. Ihr gemeinsames Anliegen: Kirchenbürgerinnen und –bürger in Zukunft ernsthaft an ihrer Kirche teilhaben zu lassen. Das beinhaltet einen anderen Umgang mit Frauen, wiederverheirateten Geschiedenen, gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und dem heiligen Sakrament der Kommunion. Eine Reaktion aus dem Vatikan gab es bisher nicht.

http://www.pfarrer-initiative.at/1jahr_franziskus.html

Zuletzt geändert am 10­.04.2014