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Veröffentlicht am 02­.10.2012

2.10.2012 - Kipa

Konzil neu übersetzen und auch umsetzen

Zürich, 2.10.12 (Kipa) Unter dem Namen "Projekt Vaticanum III" wollen katholische Initiativgruppen auch in der Schweiz Konzilsdokumente in die heutige Zeit übersetzen. Die Dokumente sollen in drei Jahren dem Vatikan übergeben werden. Die Initiativgruppen hoffen, dass sie die Kirchenleitung in Rom von den Reformbestrebungen überzeugen und so dazu beitragen können, die "vorherrschende Abwehrhaltung" bei kirchlichen Reformen zu überwinden.

Das Projekt ist eine Initiative der österreichischen Plattform "Wir sind Kirche", der sich international viele Interessierte angeschlossen haben, heisst es in der Medienmitteilung. Auch eine Schweizer Gruppe arbeitet mit und hat sich vorgenommen, die Pastoralkonstitution "Gaudium et spes für unser Jahrhundert weiterzudenken" und in der gegenwärtigen Welt nach Zeichen von "Freude und Hoffnung" Umschau zu halten. An der Projektgruppe Schweiz arbeiten die Theologen Brigitte Durrer, Leo Karrer, Walter Kirchschläger, Erwin Koller und Helen Schüngel-Straumann mit.

Ein von jeder Gruppe beschickter "Exekutivrat" koordiniert die Arbeit. Ab Herbst 2014 sammelt ein "Redaktionsteam" die Ergebnisse der Gruppen und stellt sie zu einer "Stimme des Volkes" zusammen. Dieses Dokument soll am 7. Dezember 2015 in einem grossen "Reformmarsch der Völker" nach Rom überbracht, "per acclamationem" promulgiert und der Kirchenleitung übergeben werden.

Das "internationale Reformprojekt" strebt ein "neues Aggiornamento" an. Vor 50 Jahren eröffnete Papst Johannes XXIII. am 11. Oktober 1962 das Konzil. Es habe neue Sichtweisen auf den Glauben angeregt und zahlreiche "oft nicht für möglich gehaltene Neuerungen für die Kirche" beschlossen. Der Papst gab dem Konzil das Motto "des Aggiornamento, der Verheutigung der Kirche". In den letzten Jahrzehnten sei jedoch eine zunehmende Restauration zu beobachten. Die Kirchenleitung habe Entfaltungen der Lehre und Reformen der Struktur wieder eingeschränkt oder zurückgenommen.

Zahlreiche Bespiele der "Restauration"

Als Bespiele dieser "augenscheinlichen Restauration" nennen die Initianten Theologieprofessoren, welche "nach unfairen Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit Lehrverbote" erhielten, unter ihnen Hans Küng, Gotthold Hasenhüttl, Jon Sobrino, Leonardo Boff, Tissa Balassuriya. Ebenso verheerend sei, dass theologisch bestausgewiesene Wissenschaftlerinnen als Professorinnen an katholischen Fakultäten verhindert wurden. Erwähnt werden Teresa Berger und Regina Ammicht Quinn. Das Manko der katholischen Kirche in Sachen Geschlechtergerechtigkeit sei empörend.

Zudem seien verschiedene Bischöfe, die Reformen der Kirche einforderten, abberufen worden, etwa Bischof Jacques Gaillot (Frankreich), William Martin Morris (Australien), Robert Bezak von Trnava (Slowakei).

Kirchliche Gruppen und Orden wurden gemassregelt: Die österreichische "Pfarrer-Initiative", die irische Priesterbewegung "Association of Catholic Priests", die Vereinigung der US-Ordensfrauen "Leadership Conference of Women Religious" und das slowakische "Theologische Forum".

Zurück zu den alten Formen In der Liturgie wende sich Rom "wieder hin zu Riten, die vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil gängig waren". Man fördere den alten tridentinischen Messritus in allen Diözesen, verbunden mit einer Betonung des Opfers und einer Tendenz zur Reklerikalisierung.

Internationale Organisationen und Universitäten würden an die Kandare genommen, zum Beispiel die Internationale Caritas und die katholischen Universitäten von Lima (Peru) und von Löwen (Belgien). Seit Papst Johannes Paul II. werde die katholische Kirche noch mehr zentralisiert. Dies widerspreche dem Zweiten Vatikanischen Konzil, "das mehr Eigenständigkeit der Regionalkirchen im Sinn eines Communio-Verständnis der Kirchenleitung festschrieb".

Alle diese Massnahmen entsprechen "weder der Botschaft Jesu noch den Intentionen des letzten grossen Konzils in Rom", schreiben die Initianten weiter. Nicht alle Fragen der Gegenwart waren damals schon aktuell. Deshalb ist ein "Update" dringend erforderlich.

Appell und zugleich Protest Vaticanum III ruft alle, die an einer zeitgemässen Reform der katholischen Kirche interessiert sind, zum Dialog auf, "damit überzeugende Ausdrucksformen unseres Glaubens in der heutigen Welt gefunden werden".

Das Projekt versteht sich gemäss eigener Angaben ebenso als Appell wie als Protest. Es appelliert an das Volk Gottes, sich den Aufbrüchen des Zweiten Vatikanischen Konzils zu stellen und dessen Aufforderung, die Zeichen der Zeit im Lichte des Evangeliums zu deuten, auch im 21. Jahrhundert zu seiner Sache zu machen. Und es protestiert dagegen, "dass die Kirchenführung im Namen der Kontinuität die Brüche und Neuansätze des Konzils einebnet und sich den Reformen verweigert".

Das Projekt Vaticanum III ist entschlossen, "in breiter internationaler Vernetzung und im Blick auf die Herausforderungen der Gegenwart die Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils wiederzulesen und eine Re-Vision, ein Update in heutiger Sprache versuchen".

Die internationale Bewegung "International Movement We Are Church" (IMWAC) plant am 9. Oktober 2012 in Rom eine Pressekonferenz, auf der Reformbewegungen aus Europa, Amerika und Asien ihre Reformprojekte vorstellen werden.

(kipa/com/gs/am)

http://kipa-apic.ch/index.php?pw=&na=0,0,0,0,d&ki=235891

Zuletzt geändert am 02­.10.2012