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Veröffentlicht am 16­.06.2010

16.6.2010 - Donaukurier

"Er hat den Bezug zur Realität verloren"

Augsburg (DK) Die Kehrtwende kam auch für die Kirche völlig überraschend: Der emeritierte Augsburger Bischof stellt seinen Rücktritt in Frage. Er habe unter Zwang gehandelt, lässt der ansonsten so wortgewaltig und durchsetzungsstark auftretende Kirchenmann wissen. Er habe sich unter dem Druck seiner Bistumsleitung und der Vorsitzenden der bayerischen und der deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx und Robert Zollitsch, wie im Fegefeuer gefühlt und nur deshalb das vorbereitete Rücktrittsgesuch unterschrieben.

Die Kirche ist von dem öffentlichen Angriff Mixas sichtlich geschockt: Nach dem kurzem Schweigen kommt allerdings aus München von der bayerischen Bischofskonferenz eine deutliche Warnung. Anders lässt sich die Einlassung nicht verstehen, die Angelegenheit sei "rechtmäßig" abgelaufen. Darüber hinaus gebe es nichts zu sagen. Nicht zuletzt zum Schutz Mixas verzichte man darauf, "Einzelheiten öffentlich auszubreiten". Und weiter: "Wir wünschen ihm gute Genesung." Mixas Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik sei da nur "ein erster Schritt" gewesen.

Die Frage ist nur, ob sich Mixa, der angeblich ein massives Alkoholproblem hat, von dem Warnschuss beeindrucken lässt. Der 69-Jährige definiert sich nur über sein Amt: "Wenn er ohne Ornat vor den Spiegel tritt, sieht er nichts", sagt ein Geistlicher aus der Diözese Augsburg, der ihn lange kennt. Deshalb werde Mixa wohl mit aller Kraft für eine Rehabilitierung kämpfen.

Dass er dabei auch vor unlauteren Mitteln nicht zurückschrecken dürfte, lässt eine Aussage des Sonderermittlers Sebastian Knott erahnen, der im Auftrag der Schrobenhausener Waisenhausstiftung die Prügel- und Untreuevorwürfe gegen Mixa untersuchte. Der Ingolstädter Anwalt zitierte einen Priester, dem Mixa angeblich zu Zeiten, als der Wiener Kardinal Hans Hermann Groër mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert war, gesagt hatte, er würde in so einem Fall auf Teufel komm raus lügen.

Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" appelliert derweil an Mixa, sich zurückzuziehen: Das Wohlergehen der Kirche in Deutschland sei wichtiger als die persönlichen Ambitionen eines Bischofs, sagt "Wir sind Kirche"-Sprecher Christian Weisner.

Der Vorsitzende des Diözesanrates im Bistum Augsburg, Helmut Mangold, geht mit seiner Forderung sogar einen Schritt weiter: Das Bistum Augsburg müsse schnell einen neuen Bischof bekommen, um die Lage zu beruhigen. Die Diözese ist tief gespalten, sagt der Augsburger Dekan Helmut Haug: "Es gibt viele Gläubige, die aggressiv für Mixa Stellung beziehen." Auf der anderen Seite stehen viele, die ihren früheren Bischof nicht verstehen. "Er hat den Bezug zur Realität verloren", sagt eine ältere Dame, die in seiner Zeit als Schrobenhausener Stadtpfarrer eng mit ihm zusammengearbeitet hat. Und: "Er sieht nicht, dass es nicht mehr um ihn, sondern um die Kirche geht."

In Mixa früherer Diözese Eichstätt herrscht dagegen eisiges Schweigen. Seit Bischof Gregor Maria Hanke seine Schäfchen nach dem Bekanntwerden der Missbrauchsvorwürfe gegen Mixa, die eine Mitarbeiterin aus dem Bistum ins Rollen gebracht hatte, zur Ordnung gerufen hat, will sich niemand mehr öffentlich äußern. Unter der Hand wird allerdings deutliche Kritik laut: Die Ereignisse der vergangenen Wochen seien dazu geeignet, dass die Vorgänge aus der Ära Mixa in Eichstätt nie aufgearbeitet würden, weil die Menschen, die etwas sagen könnten, durch den massiven Druck so verängstigt seien, dass sie sich nicht mehr äußern würden. "Dabei ist der Flurschaden, den Mixa hier zwischen 1996 und 2005 angerichtet hat, noch lange nicht beseitigt", sagt ein Priester.

Aufarbeitung setze allerdings voraus, dass sich auch Mixa mit den Ereignissen auseinandersetze, so Dekan Haug: "das kann ich allerdings nach seinem jüngsten Auftritt nicht erkennen." Schließlich habe Mixa erneut darauf bestanden, dass er sich nicht erinnere, in seiner Schrobenhausener Zeit im Kinderheim Kinder geschlagen zu haben.

Von Christian Fahn

Zuletzt geändert am 17­.06.2010