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Veröffentlicht am 19­.04.2010

19.4.2010 - Süddeutsche Zeitung

Papst Benedikt XVI. auf Malta "Scham und Schmerz"

Von Andrea Bachstein

Benedikt XVI. auf heikler Mission: Bei seiner ersten Auslandsreise seit Bekanntwerden der Missbrauchsskandale trifft der Papst auf Malta die Opfer von Geistlichen - und zeigt sich tief bewegt.

Bei seinem Besuch auf Malta hat sich Papst Benedikt XVI. am Sonntag mit Opfern von Missbrauch durch Geistliche getroffen. Die Begegnung fand in der Kapelle der Apostolischen Nuntiatur statt. Der Papst sei tief bewegt gewesen, berichtete Papstsprecher Federico Lombardi. Er habe den Opfern seine Scham und seinen Schmerz angesichts ihres Leides und dessen ihrer Angehörigen ausgedrückt. Die acht Männer im Alter von Mitte dreißig waren in einem Waisenhaus den Übergriffen von Priestern ausgesetzt gewesen.

Sie hätten gemeinsam gebetet, jeder der acht Malteser habe Gelegenheit gehabt, mit dem Papst über seine Gefühle zu sprechen. Der Papst habe den Opfern Hilfe zugesagt und versichert, dass die Kirche alles in ihrer Macht Stehende tun werde, um die Verantwortlichen der Justiz zuzuführen. Er habe gesagt, die Kirche werde sich bemühen, derartige Delikte künftig zu verhindern. Die maltesischen Missbrauchsopfer hatten seit Wochen gebeten, der Papst möge bei seinem Aufenthalt mit ihnen reden.

Ein Gottesdienst mit offiziell mehr als 40.000 Menschen hatte zuvor den Höhepunkt des Besuchs von Papst Benedikt gebildet. Dabei bereitete die Bevölkerung dem Kirchenoberhaupt einen demonstrativ begeisterten Empfang. Es ist die erste Auslandsreise des Kirchenoberhaupts in diesem Jahr, unmittelbar vor dem fünften Jahrestag seiner Wahl an diesem Montag.

Es ist zudem die erste Auslandsreise seit Bekanntwerden der Missbrauchsskandale; sie führte Benedikt XVI. in ein Land, dessen 420.000 Einwohner zu gut 94 Prozent katholisch sind. In dem Inselstaat, der 2004 der EU beigetreten ist, sind Abtreibung und Ehescheidungen nicht erlaubt.

Tafeln mit der Aufschrift "Mut"

Auf dem Flug von Rom nach Malta hatte sich der Papst indirekt zum Missbrauchsthema geäußert. "Die Kirche ist verletzt durch unsere Sünden", sagte er. Anlass der knapp anderthalbtägigen Reise ist der 1950. Jahrestag des Schiffbruchs des Apostels Paulus auf Malta. In Anspielung darauf sagte Papst Benedikt bei der Anreise, "die Schiffbrüche des Lebens können Teil eines Plans Gottes sein und uns für einen Neuanfang in unserem Leben nützen".

Beim Gottesdienst vor der Paulus-Kathedrale auf dem größten Platz Maltas in Floriana herrschte bei Ankunft des Papstes beinahe Volksfeststimmung. Hunderte der gelb-weißen Flaggen mit dem päpstlichen Wappen wurden geschwenkt, einige trugen Tafeln mit der Aufschrift "Mut".

Egal wo der Papst auf Malta auftrat, ein Thema sprach er überall an: die Flüchtlings- und Immigrantenfrage. Durch seine Lage zwischen Afrika und Europa landen auf der Insel oder in ihren Gewässern immer wieder Bootsflüchtlinge. Malta ist für den harten Umgang mit ihnen wiederholt kritisiert worden. Der Papst sagte bei der Begrüßung durch Staatspräsident George Abela, Malta habe viel beizutragen zu Toleranz, Gegenseitigkeit, Immigration und zu anderen für Europas Zukunft entscheidenden Fragen. Er ermutige das Land, seine Fähigkeiten noch mehr einzusetzen.

Auch bei der Verabschiedung griff Benedikt XVI. das Thema auf. Er sagte, viele Immigranten kämen "an die Küsten Maltas - einige auf der Flucht vor Gewalt und Verfolgung, andere auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen". Die Probleme, die das hervorrufen könne, könne kein Erstankunftsland alleine lösen. Er sei aber zuversichtlich, dass Malta mit Hilfe anderer Staaten "bestrebt sein wird, den hier Ankommenden Hilfe zu leisten und sicherzustellen, dass ihre Rechte geachtet werden".

Lob und Kritik

In Deutschland nutzten am Sonntag Katholiken den bevorstehenden fünften Jahrestags Papst Benedikts XVI. zum Anlass für Lob und Kritik. In einem Glückwunschschreiben erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch: "Wir danken Ihnen für Ihre Mut machenden Worte, die ein Zeugnis des lebendigen Glaubens an unseren Herrn sind." Auch in den "derzeit schwierigen Zeiten" könne sich der Papst der Unterstützung der deutschen Bischöfe sicher sein.

Die Bewegung "Wir sind Kirche" zog hingegen eine kritische Bilanz. Der fünfte Jahrestag der Wahl Joseph Ratzingers zum Papst sei angesichts der weltweiten Missbrauchsskandale mit der tiefsten Krise der Kirche seit der Reformation belastet. "Nicht in der wachsenden Säkularisierung, sondern in der Unfähigkeit des Papsttums, die Zeichen der Zeit zu lesen, liegen die Ursachen für die tiefe Krise unserer Kirche", sagte die Vorsitzende der Bewegung, Raquel Mallavibarrena.

URL: http://www.sueddeutsche.de/,tt6m1/politik/732/508871/text/

Zuletzt geändert am 19­.04.2010